Schwingstuhl

Als Schwingstuhl oder auch Freischwinger wird ein Stuhl bezeichnet, der anstatt wie bei anderen Stühlen üblich nicht auf vier Beinen ruht, sondern von einem gebogenen Rahmen aus Metall getragen wird. Wenn eine Person sich auf der Sitzfläche eines solchen Stuhles niederlässt, gibt das Gestell federnd oder schwingend nach, daher der Name. Die Entwicklung dieses Möbels fällt in die Zeit der Moderne und des Bauhauses, in die Zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts also.

Mart Stam entwickelte im Jahre 1926 einen Stuhl, den Vorläufer des Freischwingers, der ebenfalls ohne Hinterbeine auskam, dessen Metallkonstruktion allerdings noch relativ starr war und dessen Sitz daher auch nicht schwang. Er war aus Gasrohren und Verbindungsstücken zusammengesetzt, mit einer Bespannung aus Gummimatten versehen und wurde auf der Werkbundausstellung in Stuttgart im Jahre 1927 der Öffentlichkeit vorgestellt. Im gleichen Jahr gelang Ludwig Mies Van der Rohe die Entwicklung eines Nachfolgemodells dieses „Kragstuhls“, der schon größere Elastizität vorweisen konnte.Schwingstuhl Die größeren Durchmesser der Präzisionsstahlrohre wie auch die größeren Radien der Rohrbiegungen ermöglichten das elastische Federn. Gleichzeitig gab das überarbeitete Design zusammen mit einer Lederbespannung dem neuen Stuhl eine elegante Note, die der Vorgänger nicht aufzuweisen hatte. Im Jahr 1928 begann Marcel Breuer in der Bauhaus-Werkstatt in Dessau mit der Fertigung eines Schwingstuhls mit einem Gestell aus Bugholz und einer Bespannung aus Rohrgeflecht.

Unter vielen Architekten und Designern entwickelte sich allerdings das Stahlrohr zum beliebtesten Material, strahlte es doch Kühle aus und entsprach damit dem damals herrschenden Zeitgeist. Und obwohl sie den Anspruch und das Ziel hatten, preiswerte Möbel für breite Schichten industriell fertigen zu können, dauerte es noch Jahrzehnte, bis das von ihnen geschaffene Design auch tatsächlich Akzeptanz bei der Mehrzahl der Bevölkerung fand. In den 50er Jahren begann die Nachfrage nach diesen Möbeln anzusteigen und die industrielle Produktion weitete sich entsprechend aus.

Waren Schwingstühle auch zunächst noch vorwiegend in Büros und Geschäftshäusern anzutreffen, zogen die High-Tech-Sitzmöbel später doch auch ihren Siegeszug in die privaten Häuser und Wohnungen derjenigen ein, die ihren guten Geschmack mit der Auswahl ihrer Möbelstücke dokumentieren wollten. So ist es bis in die heutigen Tage geblieben, denn die zeitlosen Klassiker verkörpern immer noch Funktionalität und Fortschritt.

Für Freunde moderner Möbel, die sich dennoch nicht mit dem Material Metall anfreunden mögen, gibt es auch Schwingstühle aus verleimten und gebogenen Schichtholz. Diese wurden ursprünglich von dem finnischen Architekten Alvar Aalto entwickelt, dessen Werk ebenfalls vom Bauhaus beeinflusst wurde. Erschwingliche Varianten dieser schwingenden Holzstühle werden heute im Sortiment vieler bekannter Möbelhäuser angeboten.

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